Tagebuch 05. Juni 2003

23, schwarzhaarig, verlobt und völlig aufgeheizt sucht Ventilator für gelegentliche kühle Stunden oder warum ich bald nach Sibirien auswandere.


Heute ist der 5. Tag in Folge bei dem das Thermometer irgendwo jenseits der 36°C den Geist aufgegeben hat. Meine letzten Tage sahenim Groben so aus: Leicht aufgeheizt komme ich morgens 8 Uhr in der Klinik an. Da es mir jeden Tag vergönnt ist, als Halbgott inWeiß über die Gänge der Chirurgie zu schweben, ist da auch keine kurze Hose oder ein kurzer Rock drin. Dann noch den langen weißenKittel angezogen und das eigene tropische Klima kann sich nun endgültig bestens entwickeln. Jeder der schon mal in einemKrankenhaus zu Besuch war, weiß, dass die Patientenzimmer ein eigenes warmes und stickiges Klima haben. Da freue ich mich gleich doppelt an diesem Tag um 6 Uhr aufgestanden zu sein. Dem Kreislaufkollaps nahe (Nur nahe oder haben Sie schon einmal einen Mediziner umkippen sehen?) höre ich mir mit sinkender Begeisterung die Lebens- und Leidensgeschichte eines Gomers an. Spontan denke ich, dass die Patientenzimmern eigentlich als Sauna prima Geld abwerfen würden. Nun vollends unmotiviert trage ich die Story dem Blitzmerker vom Dienst, dem Assisenzarzt vor. Er bemerkt: 'Wir machen heute wohl mal nicht so lange. Hier ist es heiß!' Das Ende vom Lied, wir überziehen noch mehr als sonst und der Hitzeschock rückt immer näher. Danach bewege ich mich mit mäßigem Schritt in die nächste Vorlesung. Da dieser Raum keine Klimaanlage hat und auch alle Fenster geschlossen bleiben und direkt vor der Tür auch noch eine Baustelle ist, macht der Vortrag auch richtig viel Spaß. So geht es den ganzen Tag weiter, aber das Highlight ist mit Abstand der Kurs in der Orthopädie. Um dahin zu kommen, haben wir genau 15 Minuten und müssen einmal quer durch die Stadt und zwar immer bergauf. Mit dem Fahrrad schafft man dies auch recht knapp, aber der persönliche Anti-Stink-Schutz ist nun völlig im Eimer. Was soll's. Nach 10 Stunden ist das kein Wunder. Aber am besten sind die dummen Sprüche der männlichen Kommilitonen: 'Wofür gibts Autos', 'Was hast Du denn gemacht?' usw. Dann krieche ich gegen 18.30 Uhr zurück in meine Wohnung und muss feststellen, dass es sich trotz Sonnenschutz und Gardinen so aufgeheizt hat, dass ich meine, ich würde in einem Brutkasten leben. Und da das alles so schön ist, wird es auch nachts nicht mehr kalt und so sehne ich mich nach einem Ventilator. Sollten die alle ausverkauft sein, dann wandere ich aus und zwar nach Sibirien.

MfG
Blacky